Clara Sahlberg (1890-1977): Eine Gewerkschafterin im Widerstand

Clara Sahlberg wurde am 03. Juli 1890 in Rixdorf bei Berlin (heute Berlin-Neukölln) geboren. Sie wuchs in einer Arbeiterfamilie auf und hatte noch acht Geschwister. Der Vater, Richard Sahlberg, verstarb früh im Jahr 1905, sodass sich die Mutter mit der Großfamilie allein mit Heimarbeit durchschlagen musste.

Clara Sahlberg absolvierte nach der Volksschule eine Schneiderlehre. In Abendkursen bildete sie sich weiter auf der Handelsschule. Im Jahr 1909 trat sie in den Gewerkverein der Heimarbeiterinnen für Kleider und Wäschekonfektion ein. In dem Gewerkverein arbeitete sie als Bürohilfskraft. Ab 1912 war sie zuständig für Sozialpolitik im Hauptvorstand. Clara Sahlberg konnte über den Gewerkverein in den 1920er Jahren verschiedene Verbesserungen für Arbeiterinnen und Arbeiter in Heimarbeit durchsetzen, so u.a. die Einbeziehung in die Kranken- und Invalidenversicherung sowie verbindliche Mindestentgelte. Im Jahr 1928 schloss Sahlberg sich dem Zentralverband christlicher Transport- und Fabrikarbeiter an, wo sie als geschäftsführendes Vorstandsmitglied für die Frauen- und Jugendarbeit zuständig war. Dem Christlich-Sozialen Volksdienst (CSVD), einer kleinen evangelisch orientierten Partei, schloss sie sich 1929 an.

Mit dem Gewerkschaftsverbot durch die neuen Machthaber im Deutschen Reich wurde Clara Sahlberg 1933 arbeitslos. Trotz Überwachung der Gestapo pflegte sie ihre Gewerkschaftskontakte und trug so dazu bei, dass die gewerkschaftlichen Verbindungen unter christlichen Gewerkschaftern nicht abrissen. In der Zeit des 2. Weltkrieges gelang es ihr, eine Stelle beim Arbeitsamt zu bekommen, und dies obwohl sie nicht Mitglied der NSDAP war. In dieser Tätigkeit vermochte sie es, NS-Verfolgten durch Unbedenklichkeitsbescheinigungen zu helfen, damit diese ausreisen konnten. Im Jahr 1944 unterstütze sie Jakob Kaiser mit einem Arbeitsbuch auf den Namen König und Lebensmitteln. Jakob Kaiser wurde mit dem Attentat auf Hitler in Verbindung gebracht und wurde polizeilich gesucht. Durch die Unterstützung gefährdete sich Clara Sahlberg und hätte bei Entdeckung selbst Opfer der Gestapo werden können.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges engagierte sich Clara Sahlberg für den Wiederaufbau der Gewerkschaften und der Gründung der CDU in der sowjetischen Besatzungszone. Wie Jakob Kaiser und andere bemerkte sie schnell den Absolutheitsanspruch der Kommunisten und wendete sich gegen einen von der SED gelenkten FDGB. Sie wich nach West-Berlin aus, unterstützte die Gewerkschaft ÖTV. Im Jahr 1948 wurde sie Gewerkschaftssekretärin der ÖTV in Trier, später im Bezirk Rheinland-Pfalz. Clara Sahlberg arbeitete bis zum Eintritt in die Rente für die ÖTV. Als Mitglied der Kammer für Soziale Ordnung engagierte sie sich in der Evangelischen Kirche.

Sie erhielt verschiedene Auszeichnungen für ihr Wirken wie das Bundesverdienstkreuz und die Wichern-Plakette des Diakonischen Werks. Am 13. April 1977 verstirbt Clara Sahlberg in Fleisbach bei Herborn (Lahn-Dill-Kreis).

In Berlin benannte die ÖTV, heute ver.di, ihr Bildungs- und Tagungshaus in Berlin-Wannsee nach Clara Sahlberg.

Literaturhinweise:

Anke Fromme: Sahlberg, Clara (in) Siegfried Mielke (Hrsg.): Gewerkschafterinnen im NS-Staat: Verfolgung, Widerstand, Emigration. Essen 2008, S. 270-276

Gisela Notz: Ganz im Dienst für andere aufgegangen’ – Clara Sahlberg (1890-1977), in: JahrBuch für Forschungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung (JBzG, 2004), Vol. 3, S. 91-104

Clara Sahlberg, Bildnachweis Ullstein Bild

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