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Rumänien – Land der Chancen und Herausforderungen

Politisches Abendforum in Königswinter

„Unser Wissen über das EU-Partnerland Rumänien ist noch bruchstückhaft“, so leitete Karsten Matthis, Geschäftsführer der Stiftung Christlich-Soziale Politik e. V., den Abend zu deutsch-rumänischen Beziehungen im AZK ein. Obwohl Rumänien seit 2004 Mitglied der NATO und seit 2007 Mitglied der Europäischen Union ist, spielt das Land in den bundesdeutschen Medien eher eine untergeordnete Rolle. Anlass genug, den Rumänienexperten Dr. Stefan Sorin Mureşan einzuladen und ihn um einen Informationsabend über das südeuropäische Land zu bitten. 
Dr. Mureşan führte aus, dass Rumänien zur Zeit einen Bevölkerungsrückgang erleidet. Etwa 19,6 Mio. Menschen leben z. Zt. in Rumänien, statt 21 Mio. noch vor drei Jahren. Davon zählen 6,6 % zur ungarischen Minderheit. Viele Rumänen leben im europäischen Ausland. Beispielsweise gibt es starke Minderheiten von Rumänen in Italien und Spanien. Mureşan ging auf die Geschichte Rumäniens seit der römischen Geschichtsschreibung ein und legte einen Schwerpunkt auf die Neuzeit. Nach dem 2. Weltkrieg geriet Rumänien unter sowjetischen Einfluss und konnte sich im Jahr 1989 durch die Umbrüche von der Diktatur Ceauşescu befreien. Heute ist Rumänien ein einheitlicher Zentralstaat, der sich als demokratischer und sozialer Rechtsstaat sieht. Die Regierungspartei ist die PDL. Sie ist im Parteienspektrum als mitte-rechts Partei einzuordnen. Besonders gute Beziehungen unterhält Rumänien mit den EU Partnerländern sowie zu den USA und Israel. Nicht unproblematisch sind die Beziehungen zur Ukraine und Russland. Rumänien beteiligte sich auch an Friedenseinsätzen. Im Rahmen dieser Einsätze sind bislang 22 Tote zu beklagen. Insbesondere engagiert sich die rumänische Armee in Afghanistan. 
Trotz einer reduzierten Staatsverschuldung von ca. 31 % des BIP leidet Rumänien unter einer hohen Auslandsverschuldung. Insbesondere sind Ex- und Import nicht im Gleichgewicht. Die Landwirtschaft müsste sich stärker und besser entwickeln. Nur ca. 5 % des Bruttosozialproduktes entstehen aus der eigenen Landwirtschaft, die nicht die gesamte Versorgung mit Produkten abdecken kann.  
Neben Ungarn hat Rumänien den höchsten Umsatzsteuersatz in der EU. Was sicherlich bei der Ansiedlung von Unternehmen nicht unbedingt hilfreich ist. Deutschland ist der größte Handelspartner Rumäniens. Seit 1967 wurden die diplomatischen Beziehungen wieder aufgenommen. Heute gibt es zwei rumänische Generalkonsulate in Bonn und München, 6 Honorarkonsulate, eine deutsch-rumänische Akademie in Mainz. Im heutigen demokratischen Rumänien leben etwa 60.000 Deutschstämmige. Die Zahl war einmal viel höher, jedoch sind viele Deutsche nach der Wende ausgewandert. 460.000 Rumäniendeutsche leben jetzt in Deutschland. Problematisch sind die vielen Arbeitsemigranten. Etwa 135.000 Kinder wachsen als sog. EU-Waisen auf, da die Eltern in EU-Staaten arbeiten.  
Dr. Mureşan führt aus, dass es ein großes Einkommensgefälle zwischen Städten und ländlichen Kreisen gibt, was zu unterschiedlichen sozialen Spannungen führt. Das Land verfügt über große Rohstoffvorkommen. So sind insbesondere Gold- und Silberreserven in Rumänien vorhanden. Zur Zeit werden im Jahr etwa 4 Mio. Tonnen Öl gefördert.  
In der sich anschließenden Diskussion wurde insbesondere problematisiert, dass Rumänien die zur Verfügung stehenden EU Mittel stärker und besser abrufen müsste. Vielfach kam auch das Thema Korruption zur Sprache. Dr. Mureşan sieht hier Fortschritte für notwendig und plädiert für ein hartes Durchgreifen im Rahmen des demokratischen Rechtsstaats.  
Der ehemalige König Michael I, der hochbetagt im Lande lebt, ohne politische Funktionen auszuüben, ist eine moralische Autorität im Land.  
In der regen Diskussion zeigte sich, dass das Interesse am südöstlichen Partnerland Rumänien auf besonderes Interesse stieß. Vielfach wurde auch die Rolle der rumänisch-orthodoxen Kirche thematisiert. 
Übereinstimmend lautete das Fazit des Abends: Rumänien hat viele Herausforderungen zu bewältigen, besitzt aber auch unendlich viele Chancen als starker Partner in der Europäischen Union aufzusteigen.

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