In der Reihe Politik am Mittag konnte die Stiftung CSP den ehemaligen Ministerpräsidenten und Bundesminister Professor Dr. Jürgen Rüttgers am 28. Juni 2018 begrüßen. Jürgen Rüttgers fesselte die über 100 Teilnehmer mit seinen europapolitischen Visionen. Er erinnerte zunächst an die Gründungsväter der Europäischen Union, insbesondere an den Mut Konrad Adenauers den Elysee-Vertrag zu unterzeichnen. Den Weg staatliche Souveränität an die EU zu übertragen, also mehr Europa zu wagen, befürwortete Jürgen Rüttgers nachdrücklich. Europa ist ein Kontinent ohne abschließbare Grenzen, so könnten die Europäer nur gemeinsam die Flüchtlingsfrage lösen. Weltweit sind 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Europa habe Verantwortung für diese Menschen.
Die Europäische Union, so Professor Rüttgers, erfülle bereits heute Kriterien eines Staates. Es existiert die Unionsbürgerschaft, also ein Staatsvolk. Es bestehen EU-Außengrenzen und auch militärisch schließen sich die EU-Staaten stärken zusammen. Im Innern haben die Mitgliedstaaten den Binnen- und Energiemarkt auf die EU übertragen. Der Europäische Gerichtshof (EUGH) spreche geltendes Recht für alle Mitgliedsstaaten. Es gebe keine Nationalstaaten mehr in der EU. Frankreich oder Spanien zeichnen sich dadurch aus, dass sie selbstbewusste Volksgruppen vereinen.
Damit der Integrationsprozess weiter erfolgreich voranschreiten kann, müssen aber alle Partner in der Gemeinschaft mitgenommen werden. Rüttgers rief dazu auf, mit den kleineren Ländern zu reden und diese Staaten mit ihren Anliegen ernst zu nehmen. Am Beispiel Polen unterstrich Rüttgers, dass die westlichen Staaten mehr Verständnis für die Interessen dieses wichtigen Mitgliedstaates aufbringen sollten und erinnerte an die leidvolle Geschichte Polens, die eine starke Rolle im Land weiterhin spielt.
Der Vorsitzende der Stiftung CSP, Karl Schiewerling, dankte Jürgen Rüttgers für das perspektivreiche Referat und die sich anschließende lebendige Diskussion. Er begrüßte nachdrücklich Rüttgers klares Bekenntnis zu Europa. Viele aktuelle Fragen seien nur mit Europa, nicht gegen Europa zu lösen und er nannte die Flüchtlingsfrage. Schiewerling erinnerte an einen prophetischen Satz von Julius Kardinal Döpfner aus dem Jahr 1966: „Wenn wir den Menschen in der dritten Welt nicht geben, kommen sie eines Tages und werden es sich holen.“
Buchhinweis: Frank Decker/ Jürgen Rüttgers: Europas Ende – Europas Anfang, Neue Perspektiven für die EU, Campus Verlag