Zum ersten Mal hat Karl Schiewerling Vorsitzender der Stiftung Christlich-Soziale Politik e.V., die bekannte Veranstaltung Politik am Mittag in Berlin eröffnet. Damit führte die Stiftung ihren Dialog über christlich-soziale Politik mit etlichen bundespolitischen Entscheidern nun auch direkt vor Ort im politischen Berlin. Und das sehr erfolgreich, wie allein Zuspruch und Resonanz der vielen Gäste aus Politik und Gesellschaft zeigten. Veranstaltungsort war übrigens die Parlamentarische Gesellschaft direkt neben dem Bundestag – eben mittendrin, statt nur dabei! Anlass dieser Festveranstaltung am vergangenen Mittwoch war der beinahe runde Geburtstag von Pfarrer Dr. Heinrich Brauns. Der Priester, Reichstagsabgeordnete und Reichsarbeitsminister (1920-1928) prägte wie wenig andere die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in der Weimarer Republik, – mit Wirkung bis heute! In seiner Zeit als Minister brachte er unzählige Gesetze mit auf den Weg. Dazu zählten u.a. das Arbeitszeitgerichtsgesetz und die Gesetze über die Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.
Mit zum Gelingen der Premiere dieser Veranstaltung trugen auch die hochkarätigen Redner des Tages bei, so wie der ehemalige Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert. Er hob in seiner Rede die hohe Relevanz für das Heute hervor, mit der historischen Leistung Heinrich Brauns über aktuelle Herausforderungen christlich-sozialer Politik ins Gespräch zu kommen. So sagte Lammert, dass es „gut Gründe dafür gibt, sich an die eigene Geschichte zu erinnern.“ Brauns habe einen wesentlichen deutschen Beitrag zum Sozialstaat geleistet. Noch vor der Enzyklika Quadragesimo anno habe er den Subsidiaritätsbegriff als wesentliches Prinzip in die Politik hineingebracht.
Auch der Bischof von Essen, Dr. Franz-Josef Overbeck, der alle zwei Jahre den Heinrich-Brauns-Preis verleiht, begrüßte den Rückbezug auf Brauns. Die Überlegungen Brauns, der u.a. auch in Essen-Borbeck als Vikar tätig war, weisen erstaunliche Parallelen zu Herausforderungen auf, die sich uns heute unter dem Vorzeichen der Digitalisierung der Arbeitswelt ganz neu stellten. Von ihm könne man lernen, die identitätsstiftende Bedeutung von Arbeit wieder als verbindendes Element neu in den Mittelpunkt zu stellen.
Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Sozialen und Gesundheit NRW, verwies auf die besondere Bedeutung der christlichen Gesellschaftslehre. Ohne diese hätte die Einführung einer sozialen Marktwirtschaft nicht gelingen können. Laumann machte ebenfalls deutlich, dass Arbeit mehr als nur Broterwerb sei. In Zeiten von wachsender Digitalisierung müsse das Ziel sein, Menschen zu befähigen mit den digitalen Herausforderungen umzugehen. Nur durch Qualifizierung und Bildung könne dies gewährleistet werden. Laumann stellte gleichzeitig aber auch die provokante Frage, ob man „gleiche Gesetze für alle Branchen erlassen kann?“ Seine Antwort dazu lautete: „Kann man nicht!“ Ein Instrument der Regelung des Arbeitsmarktes im Sinn der Arbeitnehmer seien Tarifverträge. Diese Tarifautonomie, als wichtiger Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft gelte es zu stärken.
Abgerundet wurde die Veranstaltung von einer Gesprächsrunde, welche von Eva Rindfleisch, Geschäftsführerin der CDA, moderiert wurde. Diskutiert wurden sowohl konkret-praktische als auch wissenschaftlich-theoretische Aspekte des Zukunftsthemas „Arbeit 4.0“.
Karl Schiewerling fasste am Ende zusammen, dass das grundlegende Menschenbild eine jede Politik prägt. Aufgabe der Stiftung Christlich-Soziale Politik e. V. sei es, gerade im politischen Berlin auf diese Aspekte immer wieder hinzuweisen.
Fotos: © Jördis Zähring