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Die Gesellschaft ist so stark wie sie schwach an den Rändern ist

Neujahrsempfang mit Frau Professorin Rita Süssmuth

Am 21. Januar 2013, begrüßte die Stiftung CSP Professor Dr. Rita Süssmuth bei dem Neujahrsempfang. Zu einem aktuellen Thema, der Miteinbeziehung von Zuwanderern, hielt die Bundestagspräsidentin a. D. einen Vortrag über „Migration und Integration – Testfall für unsere Gesellschaft“. Die einleitenden Worte sprach der Stiftungsvorsitzende, Landesminister a. D. Werner Schreiber, in Anlehnung an Max Frisch: „Wir suchten Arbeitskräfte, und es kamen Menschen.“  Genau hier trifft er den Kern des Diskurses Migration und Integration, sind doch die Zuwanderer nicht einfach nur billige Arbeitskräfte, sondern auch Wesen, die Gefühle haben und denen Anerkennung für ihre Leistung in der Gesellschaft gezollt werden muss.
Schreiber übergab an Süssmuth und das 104-köpfige Publikum applaudierte begeistert. Die erste Frauenministerin auf Bundesebene bezog die Stiftung CSP und ihre politische Bildungsarbeit in ihrer Begrüßung mit ein. Die Stiftung, so Süssmuth, stehe für eine intensive Beschäftigung mit der Thematik Migration und Integration. Süssmuth erklärte auch, über welchen Weg sie zu der Zuwanderungsthematik kam – über die Frauenpolitik. Interessanterweise  bestehen hier ähnliche Strukturen, so dass sich diese beiden Bereiche organisch nicht so unähnlich sind wie vielleicht manch einer vermutet. Defizite, die innerhalb beider Strukturen festgestellt wurden, sind etwa die Zurückhaltung auf dem Arbeitsmarkt bedingt durch eine geringere Qualifikation wie auch ein sehr geringes Interesse an öffentlichen Angelegenheiten. Eine weitere Parallele zeigt sich im erhöhten Armutsrisiko: bei alleinerziehenden Frauen ebenso wie bei Zuwanderern. „Die Gesellschaft ist so stark wie sie schwach an den Rändern ist“, definiert Süssmuth die Qualität der sozialen Gemeinschaft.
Wichtig ist, wie Süssmuth anmerkt, dass Probleme, in denen sich Chancen und Risiken verbergen, angepackt werden. Hier nannte sie den „Demographischen Wandel“ als Negativ-Beispiel: Bereits in den frühen 80er Jahren war diese Entwicklung bekannt, jedoch erst auf der Klausurtagung in Meseberg im November 2009 diskutiert – was dazu führte, dass erste Ergebnisse erst in 2012 präsentiert werden konnten.
Bereits 1994 forderte Süssmuth ein Einwanderungsgesetz. Groß war der Protest, unpolitisch die Antwort in der Politik: „Es kommt nie in Frage, dass es so etwas gibt!“ und „Wir sind kein Einwanderungsland!“ Warum? Mögliche Antworten wären zum einen die Angst vor dem Fremden, zum anderen die Ablehnung in den Gedanken der Bevölkerung. Bedauerlicherweise besteht dieses Zusammenspiel aus Furcht und Ablehnung heute immer noch in Teilen der Gesellschaft. Doch ist hier, wie Süssmuth betont, die Aufklärung der Schlüssel: „Tabuisierung hilft niemandem – erst recht nicht den politischen Gestaltern!“
In einer globalisierten Welt, in der sich die Märkte im Pazifischen verstärken, etwa China, Japan, Vietnam oder künftig vielleicht auch Myanmar, komme es darauf an, dass sich die Kulturen zusammen finden und austauschen – vielleicht voneinander lernen. Relevant ist, dass Zeit und Geduld aufgebracht werden, denn nur dergestalt können sich die Potentiale der Menschen frei entlegen. In Deutschland stehen wir durch die starke Zuwanderung innerhalb der EU, etwa Spanien, Portugal oder Rumänien, vor neuen Herausforderungen. Doch ist der Diskurs Migration und Integration ist ein weltweit geführter und somit auch eine globale Aufgabe.
Süssmuth erklärt, dass das Rechtsstaat-Prinzip unverzichtbar sei, da dieses Menschen miteinander zuverlässig verbindet. Auch die Verteidigung der Rechte und Pflichten innerhalb einer Gesellschaft ist von der Bürgerschaft wahrzunehmen. Die Politik benötigt jene Unterstützung in ihrem Wächteramt. Die Stärken und Schwächen der Solidarität sind zu finden; wir alle sind angehalten, uns gegen Politiken zu wehren, die Hartz IV als Ersatz für Arbeit und Bildung interpretieren. Migranten müsste frühzeitiger gestattet sein, Arbeit aufzunehmen, um so in die Gesellschaft integriert werden zu können. Was zählt ist die Einbeziehung aller Menschen wie auch die Möglichkeit der sozialen Teilhabe an der Gesellschaft zu schaffen. Wie? Durch Arbeit – denn: „Arbeit ist ein sinnstiftendes, notwendiges Moment im Zusammenleben.“
Abschließend erinnert der Stiftungsvorsitzende Schreiber, an die Wichtigkeit der Integration und Interaktion in einer sozialen Gesellschaft: „Es geht um Menschen, die Gefühle haben.“
Literatur:
Süssmuth, Rita: “Migration und Integration. Testfall für unsere Gesellschaft.” München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2006.
Christine Jäger, Bildungsreferentin für Betriebs- und Personalratsseminare
Lesen Sie hier den Bericht des General-Anzeiger vom 23. Januar 2013

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