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Ruhrbischof Overbeck bei Politik am Mittag: Religionsfreiheit ist Maßstab für Menschenrechte weltweit

Über das christliche Menschenbild diskutierte Ruhrbischof Dr. Franz-Josef Overbeck mit über 100 Teilnehmern in der Gesprächsrunde „Politik am Mittag“ am 14. September 2018 im AZK.
Als Bischof mit Sitz in der Stadt Essen berichtete Dr. Overbeck zunächst über die Bedeutung des Strukturwandels für das Ruhrgebiet. Der Abschied von der Steinkohle und der dazu gehörigen Industriekultur hat zu tiefgreifenden Veränderungen geführt. Von ehemals 1,5 Mio. Katholiken bei Gründung des Bistums im Jahr 1958 sanken die Zahlen auf heute noch 750.000 Mitglieder in den Pfarrgemeinden. Es gibt somit nicht nur einen ökonomischen –, sondern auch einen weitreichenden gesellschaftlichen Wandel. Bischof Overbeck spürt ein humanes Miteinander im Ruhrgebiet von Alt- und Neubürgern. Das Ruhrgebiet hat in seiner Geschichte viele Erfahrungen mit Zuwanderung und Wandel sammeln können. 

Gegen stereotype Zerrbilder hält Bischof Overbeck mit Blick auf das Ruhrgebiet fest, dass die allermeisten Muslime – genauso wie die anderen Menschen dort – ihrer Arbeit nachgehen, rechtstreu sind und sich mit der Region identifizieren.
Das Ruhrgebiet ist Brennglas vieler gesellschaftlicher Probleme, so führte Bischof Dr. Overbeck weiter aus. Es fragen sich viele sozial Schwache: Werde ich vertreten? Werden meine Anliegen gehört? Häufig herrscht in dieser Bevölkerungsgruppe ein Gefühl von Angst, noch weiter sozial abzusteigen. Vor diesem Hintergrund verfehlen populistische und leicht eingängige Sprüche häufig nicht ihre Wirkung. Schnell werden diese „Heilsversprechen“ geglaubt. Nicht sofort wird klar, dass Populisten auf politische Probleme keine vernünftigen Antworten haben. So stellen sich Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit, auf die Politik und Gesellschaft gemeinsam Antworten finden müssen.
Wie in allen Hochreligionen ist der Mensch im Christentum nicht selbst Anfang und Ziel, sondern er ist auf ein Ziel hin bestimmt. Der Mensch gibt sich seine Würde nicht selbst, sondern diese wird ihm von Gott geschenkt. Das christliche Menschenbild geht davon aus, dass der Mensch Person ist. Das bedeutet, dass er ein sozial verfasstes Wesen ist, dem Gerechtigkeit und Liebe in ihren Verwirklichungsformen zu Grundfragen geworden sind. Die „Goldene Regel“ ist für diese Grundfragen keine ausreichende ethische Basis. Es bedarf der drei Prinzipien der katholischen Sozialethik: Personalität, Subsidiarität und Solidarität, um ein christliches Menschenbild zu beschreiben.
Die Würde bzw. die Personalität des Menschen muss vom Staat geschützt werden. Diese Würde steht nicht zur Disposition und ist dem Mehrheitsprinzip entzogen. Menschenrechte sind zentral und verlieren niemals ihre Gültigkeit. Ein christliches Menschenbild stellt somit konsequent Recht und Würde des Einzelnen in den Mittelpunkt.
Ein Maßstab für die Beachtung der Menschenrechte ist nach der Überzeugung von Bischof Overbeck die Religionsfreiheit. Sie bildet die Grundlage für Gewissensfreiheit, Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit.
In einer sich rasch verändernden Welt – nicht nur bedingt durch Globalisierung und Digitalisierung –, sondern ebenfalls bestimmt durch Zuwanderung und Flucht, muss sich eine Gesellschaft neu definieren. Viele Menschen sind auf der Suche nach Identität und Heimat. Die Lösung kann aber nicht in einer ethnonationalen Bevölkerungspolitik liegen, wie Populisten es fordern. Deutschland und Europa können sich nicht abschotten. Eine solche Politik wäre mit einem christlichen Menschenbild auch nicht vereinbar, denn Christus zeigt sich mit allen Menschen solidarisch.
Bei der sich anschließenden Fragerunde wurde lebhaft über gegenwärtige gesellschaftliche Herausforderungen diskutiert.
Bischof Dr. Overbeck erhielt große Zustimmung dafür, dass das christliche Menschbild auch künftig in Politik und Gesellschaft eine Orientierung für politisches und soziales Handeln sein kann und sollte. Der Stiftungsvorsitzende Karl Schiewerling dankte Bischof Dr. Overbeck herzlich für sein Kommen und Referat im AZK und wünschte ihm viel Kraft für seine vielfältigen Aufgaben in der Deutschen Bischofskonferenz und in der Katholischen Militärseelsorge.
Karsten Matthis
Geschäftsführer der Stiftung CSP

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