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Hans-Katzer-Symposium: Ein Gestalter der deutschen und europäischen Sozialpolitik

Anlässlich des 100. Geburtstages Hans Katzers (1919-2019) initiierten die Jakob-Kaiser-Stiftung und die Stiftung Christlich-Soziale Politik am 29. Mai 2019 im AZK ein Symposium mit hochkarätigen Referenten. Hans Katzer hätte in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert. Das Podiumsgespräch wurde von Professor Dr. Tilman Meyer, Politologe an der Universität Bonn, moderiert.
Der Vorsitzende der Jakob-Kaiser-Stiftung Hubert Schulte Kemper begrüßte im Namen beider Stiftungen die Teilnehmenden und hob das politische Erbe Hans Katzers hervor. Ein Impuls seines reichen politischen Erbe ist, dass junge Menschen sich frühzeitig dafür entscheiden sollen, aktiv in der Mitbestimmung als Betriebsräte mitzuarbeiten. Aufgabe beider Stiftungen sollte sein, dieses Engagement bei jungen Arbeitnehmern zu wecken.
Die ehemalige EU-Kommissarin und Ex-Gewerkschaftsvorsitzende Monika Wulf-Mathies würdigte Hans Katzer als überzeugten Gewerkschafter, der sich für die Einheitsgewerkschaft stark machte. In seiner Partei, der CDU, stritt Katzer für die Mitbestimmung und geriet häufig in eine Minderheitenposition, wenn es um die paritätische Mitbestimmung ging. Für den Arbeitsminister der Großen Koalition war die Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern ein hohes Gut. Er befürwortete die konzertierte Aktion ohne Wenn und Aber. Eine Einschränkung des Streikrechtes kam für Hans Katzer nicht in Frage. In seiner Zeit als Mitglied des Europäischen Parlaments plädierte er für die soziale Dimension Europas.
Die Leistungen Katzers für ein soziales Europa griff Hans-Gert Pöttering, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments und Vorsitzender der EVP-Fraktion, auf. Er lernte als junger Abgeordneter im Europäischen Parlament Hans Katzer in der Wahlperiode 1979-84 als einen überzeugten Europäer kennen. Pöttering verwies in seiner Rede auf den Vertrag von Lissabon, der die Soziale Markwirtschaft als Wirtschaftsmodell hervorhebt. Da dies die Grundlage für ein europäisch gemeinsames Wirtschaften ist, geht diese Festlegung auch auf das politische Wirken von Hans Katzer zurück, der ein entschiedener Befürworter der Sozialen Markwirtschaft war.
Pöttering ging auf das aktuelle Ergebnis der Europawahlen vom 26. Mai 2019 ein. Zunächst würdigte er die gestiegene Wahlbeteiligung als ein Bekenntnis für ein geeinigtes Europa. Den anti-europäischen Parteien ist es nicht gelungen, eine Mehrheit im Europäischen Parlament zu gewinnen. Es wurden in den Mitgliedsstaaten eine ganze Reihe von rechtspopulistischen, ultranationalen bis europafeindlichen Abgeordneten gewählt, die aber untereinander zerstritten und nicht handlungsfähig sind. Die bisherige Mehrheit von Europäischer Volkspartei (EVP) und Sozialdemokraten (SD) ist nach dem Wahlergebnis nicht gegeben, um auf die absolute Mehrheit von 376 Mandaten zu kommen. Liberale und Grüne werden für eine rasche und überzeugende Besetzung der neu zu wählenden Positionen benötigt. Der ehemalige Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung forderte, die Spitzenkandidaten der Parteienformationen zu berücksichtigen. So sprach er sich für Manfred Weber, EVP-Fraktionsvorsitzender, als künftigen Kommissionspräsidenten aus.
Vor großer Wichtigkeit ist es in der neuen Legislaturperiode, dass das Klimaabkommen in der EU durchgesetzt wird. Das Parlament hat den Weg dahin bereits geebnet, da die Reduzierung des CO-2-Ausstoßes bereits beschlossen wurde. Entscheidend für die Zukunft Europas ist es nach der Überzeugung Pötterings, dass eine gemeinsame Asyl- und Integrationspolitik vereinbart wird. Enormer Anstrengungen bedarf es, dass die Digitalisierung in Europa erfolgreich umgesetzt wird. Pöttering unterstrich, dass die EU eine Wertegemeinschaft ist: Eine Gemeinschaft der Freiheit, des Rechts und des Friedens.
Der Arbeitsminister Nordrhein-Westfalens und  CDA-Bundesvorsitzende Karl Josef Laumann würdigte Hans Katzer als Gestalter einer Sozialpolitik, die auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes und der Katholischen Soziallehre konzipiert wurde. Katzer war das soziale Gesicht der CDU vor allem in den 1960 und -70er Jahren. Das Arbeitsförderungsgesetz in der Großen Koalition trug seine Handschrift. Katzer, so Karl Josef Laumann, war ein privilegierter Mensch, weil er sehr viel gestalten konnte. Heute wäre es ihm ein wichtiges Anliegen, dass sich Arbeitnehmer organisieren und mit Hilfe ihrer Gewerkschaften gute Tarifverträge aushandeln. Überall da, wo der Organisationsgrad hoch ist, werden Tarifverträge im Interesse der Arbeitnehmer ausgehandelt. Es würde Hans Katzer heute umtreiben, dass es ca. vier Mio. Arbeitnehmer gibt, die nur Niedriglöhne erhalten. Auch für diese Gruppe unter den Arbeitnehmern gilt das Wohlstandsversprechen. Karl Josef Laumann sprach sich für eine Grundrente aus und plädierte dabei für das CDA-Modell „Rente plus“. Eine Bedürftigkeitsprüfung ist nach seiner Überzeugung legitim.
Der Arbeitsminister griff die Digitalisierung als Herausforderung für die Sozialpolitik auf. Die voranschreitende Digitalisierung ermöglicht es, dass Menschen zu Hause oder an anderen Orten zu unterschiedlichen Tageszeiten ihre beruflichen Aufgaben erledigen können. Das aktuelle Arbeitszeitgesetz und die Arbeitsschutzgesetze decken diese neuen Formen von Arbeit nicht mehr ab. Hier muss es künftig zu neuen Lösungen in den Tarifverträgen kommen, die praktikabel und sozialverträglich sind.
Karl Schiewerling, Vorsitzender der Stiftung CSP, sieht beide „C-nahen“ Stiftungen in der Verantwortung, sich um die christlich-sozialen Wurzeln in der CDU, in Staat und Gesellschaft zu kümmern. Er erinnerte an einen Satz Tony Blairs: „Wenn es stürmt, braucht es tiefe Wurzeln.“ Die Veränderungen sind welt- und europaweit so groß, dass es einer ethischen Verankerung bedarf. Christlich-soziale Werte müssen vor allem der jungen Generation vermittelt werden. Karl Schiewerling dankte allen Mitwirkenden für die rundum gelungene Veranstaltung und den Teilnehmenden für ihr reges Interesse.
Karsten Matthis, Geschäftsführer der Stiftung CSP

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