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Das zionistische Israel. Jüdischer Nationalismus und die Geschichte des Nahostkonflikts, Tamar Amar-Dahl

Rezension für den Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB)

Die Autorin Tamar Amar-Dahl israelische Historikerin setzt sich gewohnt kritisch mit ihrem Heimatland und der Geschichte des Staates Israel auseinander. Bereits ihre Biografie über Schimon Peres aus Jahr 2010 war eine polarisierende Auseinandersetzung mit der israelischen Politik der letzten sechs Jahrzehnte.  Für deutsche Medien ist Amar-Dahl eine gefragte Interview-Partnerin. Sie schreibt regelmäßig für die Wochenzeitung „Die Zeit“.  Die Israelin lebt seit 1996 in Deutschland forscht und lehrt an den Universitäten in Berlin und Greifswald.
Ihr aktuelles Buch „Das zionistische Israel“ gliedert sich in fünf Kapitel: Eingeleitet wird die Monografie mit einer Analyse der Herkunft des Zionismus, um dann in einem zweiten Abschnitt das in Israel vermeintlich historisch gewachsenen arabisch- palästinensische  Feindbild zu ergründen.  Im dritten Teil steht die israelische Demokratie auf dem Prüfstand, die nicht nur jüdisch, sondern auch rechtsstaatlich und demokratisch sein will.  Nach Ansicht der Autorin ist die politische Kultur Israels von sicherheitspolitischen Aspekten stark geprägt. Der sich anschließende vierte Teil fragt nach der Bedeutung des Kriegs bei dem Werden und Sein eines jüdischen Nationalstaates. Das fünfte Kapitel stellt die Frage, ob das zionistische Israel sich mit seinen arabischen Nachbar tatsächlich versöhnen möchte bzw. die Kraft dazu hat. 
Tamar Amar-Dahl schreibt als zornige junge Frau (geboren 1968), welche die Geschichte Israels der Neuzeit als Geschichte von Kriegen und Konflikten interpretiert. Zornig deshalb, weil sie in ihrem Buch versucht zu belegen, dass die politischen Eliten Israels stets Angriffskriege zur Sicherung von Eretz Israel (vom biblischen Land Israels) in Kauf genommen haben. Die Ausnahme sei der Yom Kippur Krieg gewesen, der eine arabische Invasion abwehrte.  Die Autorin bekräftigt: „ Der jüdische Staat wurde im Krieg geboren und befindet sich seither in einem permanenten Kriegszustand- politisch, rechtlich und mental.“ (S. 118)
So stellt die Historikerin die These auf, dass Israels Eliten aus Politik und Militär seit Jahrzehnten darauf bedacht sind, dass ein ausgeprägter Zivilmilitarismus die Grundlage für allen politischen Handels sei. Somit habe der staatsbildende Zionismus eine Affinität zum Zivilmilitarismus. Der Krieg gegen die Palästinenser und die arabischen Nachbarn ist ein integraler Bestandteil der politischen Ordnung geworden, so Tamar Amar-Dahl.
Dass sich eine solche politische Kultur hat entwickeln können, geht auch auf Schimon Peres („den ewigen Politiker“)  zurück, der nicht nur ein Friedensnobelpreisträger ist, sondern ebenso aktiv stets Aufrüstungsprogramme unterstützt habe. Amar-Dahl sieht in ihm auch den Vater der Atomstreitmacht Israel.
So stellt die Autorin die Frage, ob nicht der Staat Israel die Feindschaft mit der arabischen Welt zementiert habe und daher Israel friedensunfähig geworden sei. Alle  israelischen Regierungen hätten ihr Handeln mit einer  Politik der Stärke gleichgesetzt, gestützt auf eine hochmoderne  Militärstreitmacht. Diese Politik werde als alternativlos dargestellt und nicht kritisch hinterfragt. Das Ziel eines Verständigungsfriedens sei insbesondere von den Likud-geführten Regierungen aufgegeben worden, damit sei der Zionismus in Teilen gescheitert, der dem jüdischen Volk einst eine sichere und friedliche Zuflucht ermöglichen wollte. Eine „Zwei Staaten Lösung“ werde zwar nicht offiziell, aber insgeheim von den israelischen Eliten verworfen und nicht ernsthaft verfolgt.
Das Buch Amar-Dahls ist nicht leicht zu lesen, denn die Historikerin steigt tief in die Quellen des Zionismus ein und analysiert die verschiedenen Jahrzehnte israelischer Regierungspolitik sehr detailliert. Die Lektüre des Buches lohnt sich in jedem Falle, weil sie eine kritische Stimme zur Politik des Staates laut werden lässt. Ob die Urteile der Autorin über die Geschichte des Zionismus und seine aktuelle Bedeutung für Israel tatsächlich gerechtfertigt und angemessen sind, muss der Leser bewerten.
Karsten Matthis, Geschäftsführer Stiftung Christlich-Soziale Politik, Königswinter
Die Stiftung CSP bietet vom 04.-06. Dezember 2013 das Seminar “Focus Weltspiegel – Jerusalem: Geschichte einer heiligen und doch so weltlichen Stadt” an. Nähere Informatinen können Sie dem beiliegenden Programm entnehmen.

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